Pressemitteilung

Astronom*innen finden weit entfernte Gaswolken mit Resten der ersten Sterne

3. Mai 2023

Durch den Einsatz des Very Large Telescope (VLT) der ESO haben Forscher*innen zum ersten Mal die Fingerabdrücke gefunden, die die Explosion der ersten Sterne im Universum hinterlassen hat. Sie entdeckten drei weit entfernte Gaswolken, deren chemische Zusammensetzung dem entspricht, was wir von den ersten Sternexplosionen erwarten. Diese Entdeckungen bringen uns dem Verständnis der Natur der ersten Sterne, die nach dem Urknall entstanden, einen Schritt näher.

Zum ersten Mal konnten wir die chemischen Spuren der Explosionen der ersten Sterne in sehr weit entfernten Gaswolken identifizieren“, sagt Andrea Saccardi, Doktorand am Observatoire de Paris – PSL, der diese Studie im Rahmen seiner Masterarbeit an der Universität Florenz durchgeführt hat.

Die Wissenschaftler*innen gehen davon aus, dass die ersten Sterne, die sich im Universum bildeten, ganz anders waren als die, die wir heute sehen. Als sie vor 13,5 Milliarden Jahren entstanden, enthielten sie nur Wasserstoff und Helium, die einfachsten chemischen Elemente der Natur [1]. Diese Sterne, von denen man annimmt, dass sie zehn- oder hundertmal massereicher waren als unsere Sonne, endeten schnell in gewaltigen Explosionen, den sogenannten Supernovae. Dabei reicherten sie das sie umgebende Gas zum ersten Mal mit schwereren Elementen an. Spätere Generationen von Sternen wurden aus diesem angereicherten Gas geboren und stießen zum Ende ihres Lebens ebenfalls schwerere Elemente aus. Doch die allerersten Sterne sind längst verschwunden. Wie können Forscher also mehr über sie erfahren? „Die ersten Sterne können indirekt untersucht werden, indem man die chemischen Elemente nachweist, die sie nach ihrem Tod in ihrer Umgebung verteilt haben“, sagt Stefania Salvadori, außerordentliche Professorin an der Universität Florenz und Mitautorin der heute im Astrophysical Journal veröffentlichten Studie.

Anhand von Daten, die mit dem VLT der ESO in Chile aufgenommen wurden, fand das Team drei sehr weit entfernte Gaswolken, die entstanden, als das Universum gerade einmal 10-15 % seines heutigen Alters hatte, und deren chemischer Fingerabdruck dem entspricht, was wir von den Explosionen der ersten Sterne erwarten. Abhängig von der Masse dieser frühen Sterne und der Energie ihrer Explosionen setzten diese ersten Supernovae verschiedene chemische Elemente wie Kohlenstoff, Sauerstoff und Magnesium frei, die in den äußeren Schichten der Sterne vorkommen. Einige dieser Explosionen waren jedoch nicht energiereich genug, um schwerere Elemente wie Eisen freizusetzen, das nur in den Kernen von Sternen vorkommt. Auf der Suche nach dem verräterischen Zeichen dieser allerersten Sterne, die als Supernovae mit niedriger Energie explodierten, suchte das Team daher nach weit entfernten Gaswolken, die arm an Eisen, aber reich an anderen Elementen sind. Und genau das fanden sie: drei weit entfernte Wolken im frühen Universum mit sehr wenig Eisen, aber viel Kohlenstoff und anderen Elementen – der Fingerabdruck der Explosionen der allerersten Sterne.

Diese eigentümliche chemische Zusammensetzung wurde auch bei vielen alten Sternen in unserer eigenen Galaxie beobachtet, die wir als Sterne der zweiten Generation betrachten, die direkt aus der „Asche“ der ersten Sterne entstanden sind. Diese neue Studie hat solche Asche im frühen Universum gefunden und damit ein fehlendes Teil in diesem Puzzle hinzugefügt. „Unsere Entdeckung eröffnet neue Wege, um die Natur der ersten Sterne indirekt zu untersuchen, und ergänzt damit die Studien über die Sterne in unserer Galaxie“, erklärt Salvadori.

Um diese fernen Gaswolken aufzuspüren und zu untersuchen, nutzte das Team sogenannte Quasare – sehr helle Lichtquellen, die von supermassereichen schwarzen Löchern in den Zentren weit entfernter Galaxien gespeist werden. Auf seiner Reise durch das Universum durchquert das Licht eines Quasars Gaswolken, in denen verschiedene chemische Elemente einen Abdruck auf dem Licht hinterlassen.

Um diese chemischen Abdrücke zu finden, analysierte das Team die Daten mehrerer Quasare, die mit dem X-Shooter-Instrument am VLT der ESO beobachtet wurden. X-Shooter spaltet das Licht in ein extrem breites Spektrum von Wellenlängen bzw. Farben auf, was es zu einem einzigartigen Instrument macht, mit dem sich viele verschiedene chemische Elemente in diesen weit entfernten Wolken identifizieren lassen.

Diese Studie eröffnet neue Möglichkeiten für Teleskope und Instrumente der nächsten Generation, wie das kommende Extremely Large Telescope (ELT) der ESO und seinen hochauflösenden ArmazoNes High Dispersion Echelle Spectrograph (ANDES). „Mit ANDES am ELT können wir viele dieser seltenen Gaswolken genauer untersuchen und schließlich die geheimnisvolle Natur der ersten Sterne entschlüsseln“, fasst Valentina D'Odorico, Forscherin am Nationalen Institut für Astrophysik in Italien und Mitautorin der Studie, zusammen.

Endnoten

[1] Wenige Minuten nach dem Urknall waren im Universum nur die drei leichtesten Elemente vorhanden: Wasserstoff, Helium und sehr geringe Spuren von Lithium. Schwerere Elemente bildeten sich erst viel später in Sternen.

Weitere Informationen

Diese Forschungsarbeit wurde in einem Artikel vorgestellt, der im Astrophysical Journal erscheint (doi: 10.3847/1538-4357/acc39f)

Das Team besteht aus Andrea Saccardi (GEPI, Observatoire de Paris, Université PSL, CNRS, Frankreich; Dipartimento di Fisica e Astronomia, Universität von Florenz, Italien [UFlorenz]), Stefania Salvadori (UFlorenz; INAF - Osservatorio Astrofisico di Arcetri, Italien), Valentina D'Odorico (Scuola Normale Superiore, Italien; INAF - Osservatorio Astrofisico di Trieste, Italien [INAF Trieste]; IFPU - Institute for Fundamental Physics of the Universe, Italien [IFPU]), Guido Cupani (INAF Trieste; IFPU), Michele Fumagalli (Dipartimento di Fisica G. Occhialini, Universität Milano Bicocca, Italien; INAF Trieste), Trystyn A. M. Berg (Dipartimento di Fisica G. Occhialini, Universität Milano Bicocca, Italien), George D. Becker ( Department of Physics & Astronomy, University of California, USA), Sara Ellison (Department of Physics & Astronomy, University of Victoria, Kanada), Sebastian Lopez (Departamento de Astronomía, Universidad de Chile, Chile).

Die Europäische Südsternwarte (ESO) befähigt Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler weltweit, die Geheimnisse des Universums zum Nutzen aller zu entdecken. Wir entwerfen, bauen und betreiben Observatorien von Weltrang, die Astronominnen und Astronomen nutzen, um spannende Fragen zu beantworten und die Faszination der Astronomie zu wecken, und wir fördern die internationale Zusammenarbeit in der Astronomie. Die ESO wurde 1962 als zwischenstaatliche Organisation gegründet und wird heute von 16 Mitgliedstaaten (Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Finnland, Irland, Italien, den Niederlanden, Österreich, Polen, Portugal, Schweden, der Schweiz, Spanien, der Tschechischen Republik und dem Vereinigten Königreich) sowie dem Gastland Chile und Australien als strategischem Partner unterstützt. Der Hauptsitz der ESO und ihr Besucherzentrum und Planetarium, die ESO Supernova, befinden sich in der Nähe von München in Deutschland, während die chilenische Atacama-Wüste, ein wunderbarer Ort mit einzigartigen Bedingungen für die Himmelsbeobachtung, unsere Teleskope beherbergt. Die ESO betreibt drei Beobachtungsstandorte: La Silla, Paranal und Chajnantor. Am Standort Paranal betreibt die ESO das Very Large Telescope und das dazugehörige Very Large Telescope Interferometer sowie Durchmusterungsteleskope wie z. B. VISTA. Ebenfalls am Paranal wird die ESO das Cherenkov Telescope Array South betreiben, das größte und empfindlichste Gammastrahlen-Observatorium der Welt. Zusammen mit internationalen Partnern betreibt die ESO auf Chajnantor APEX und ALMA, zwei Einrichtungen zur Beobachtung des Himmels im Millimeter- und Submillimeterbereich. Auf dem Cerro Armazones in der Nähe von Paranal bauen wir „das größte Auge der Welt am Himmel“ – das Extremely Large Telescope der ESO. Von unseren Büros in Santiago, Chile, aus unterstützen wir unsere Aktivitäten im Land und arbeiten mit chilenischen Partnern und der Gesellschaft zusammen.

Die Übersetzungen von englischsprachigen ESO-Pressemitteilungen sind ein Service des ESO Science Outreach Network (ESON), eines internationalen Netzwerks für astronomische Öffentlichkeitsarbeit, in dem Wissenschaftler und Wissenschaftskommunikatoren aus allen ESO-Mitgliedsländern (und einigen weiteren Staaten) vertreten sind. Deutscher Knoten des Netzwerks ist das Haus der Astronomie in Heidelberg.

Links

Kontaktinformationen

Andrea Saccardi
GEPI, Observatoire de Paris, Université PSL, CNRS
Paris, France
Mobil: +39 3408796870
E-Mail: andrea.saccardi@observatoiredeparis.psl.eu

Stefania Salvadori
University of Florence
Florence, Italy
Tel: +39 055 2755222
E-Mail: stefania.salvadori@unifi.it

Valentina D’Odorico
INAF Osservatorio Astronomico di Trieste
Trieste, Italy
Tel: +39 040 3199217
E-Mail: valentina.dodorico@inaf.it

Juan Carlos Muñoz Mateos
ESO Media Officer
Garching bei München, Germany
Tel: +49 89 3200 6176
E-Mail: press@eso.org

Peter Habison (Pressekontakt Österreich)
ESO Science Outreach Network und stem & mint e.U. – Space and Science Communications
Vienna, Austria
Tel: +43 676 648 7003
E-Mail: eson-austria@eso.org

Connect with ESO on social media

Dies ist eine Übersetzung der ESO-Pressemitteilung eso2306.

Über die Pressemitteilung

Pressemitteilung Nr.:eso2306de-at
Typ:Early Universe : Star : Evolutionary Stage : Supernova
Early Universe : Cosmology
Facility:Very Large Telescope
Instruments:X-shooter
Science data:2023ApJ...948...35S

Bilder

Chemische Elemente in einer weit entfernten Wolke
Chemische Elemente in einer weit entfernten Wolke
Wie man die chemische Zusammensetzung einer Gaswolke vermisst
Wie man die chemische Zusammensetzung einer Gaswolke vermisst

Videos

Die Asche der ersten Sterne beobachten (ESOcast 261 Light)
Die Asche der ersten Sterne beobachten (ESOcast 261 Light)

Our use of Cookies

We use cookies that are essential for accessing our websites and using our services. We also use cookies to analyse, measure and improve our websites’ performance, to enable content sharing via social media and to display media content hosted on third-party platforms.

You can read manage your cookie preferences and find out more by visiting 'Cookie Settings and Policy'.

ESO Cookies Policy


The European Organisation for Astronomical Research in the Southern Hemisphere (ESO) is the pre-eminent intergovernmental science and technology organisation in astronomy. It carries out an ambitious programme focused on the design, construction and operation of powerful ground-based observing facilities for astronomy.

This Cookies Policy is intended to provide clarity by outlining the cookies used on the ESO public websites, their functions, the options you have for controlling them, and the ways you can contact us for additional details.

What are cookies?

Cookies are small pieces of data stored on your device by websites you visit. They serve various purposes, such as remembering login credentials and preferences and enhance your browsing experience.

Categories of cookies we use

Essential cookies (always active): These cookies are strictly necessary for the proper functioning of our website. Without these cookies, the website cannot operate correctly, and certain services, such as logging in or accessing secure areas, may not be available; because they are essential for the website’s operation, they cannot be disabled.

Cookie ID/Name
Description/Purpose
Provider (1st party or 3rd party)
Browser session cookie or Stored cookie?
Duration
csrftoken
XSRF protection token. We use this cookie to protect against cross-site request forgery attacks.
1st party
Stored
1 year
user_privacy
Your privacy choices. We use this cookie to save your privacy preferences.
1st party
Stored
6 months
_grecaptcha
We use reCAPTCHA to protect our forms against spam and abuse. reCAPTCHA sets a necessary cookie when executed for the purpose of providing its risk analysis. We use www.recaptcha.net instead of www.google.com in order to avoid unnecessary cookies from Google.
3rd party
Stored
6 months

Functional Cookies: These cookies enhance your browsing experience by enabling additional features and personalization, such as remembering your preferences and settings. While not strictly necessary for the website to function, they improve usability and convenience; these cookies are only placed if you provide your consent.

Cookie ID/Name
Description/Purpose
Provider (1st party or 3rd party)
Browser session cookie or Stored cookie?
Duration
Settings
preferred_language
Language settings. We use this cookie to remember your preferred language settings.
1st party
Stored
1 year
ON | OFF
sessionid
ESO Shop. We use this cookie to store your session information on the ESO Shop. This is just an identifier which is used on the server in order to allow you to purchase items in our shop.
1st party
Stored
2 weeks
ON | OFF

Analytics cookies: These cookies collect information about how visitors interact with our website, such as which pages are visited most often and how users navigate the site. This data helps us improve website performance, optimize content, and enhance the user experience; these cookies are only placed if you provide your consent. We use the following analytics cookies.

Matomo Cookies:

This website uses Matomo (formerly Piwik), an open source software which enables the statistical analysis of website visits. Matomo uses cookies (text files) which are saved on your computer and which allow us to analyze how you use our website. The website user information generated by the cookies will only be saved on the servers of our IT Department. We use this information to analyze www.eso.org visits and to prepare reports on website activities. These data will not be disclosed to third parties.

On behalf of ESO, Matomo will use this information for the purpose of evaluating your use of the website, compiling reports on website activity and providing other services relating to website activity and internet usage.

ON | OFF

Matomo cookies settings:

Cookie ID/Name
Description/Purpose
Provider (1st party or 3rd party)
Browser session cookie or Stored cookie?
Duration
Settings
_pk_id
Stores a unique visitor ID.
1st party
Stored
13 months
_pk_ses
Session cookie temporarily stores data for the visit.
1st party
Stored
30 minutes
_pk_ref
Stores attribution information (the referrer that brought the visitor to the website).
1st party
Stored
6 months
_pk_testcookie
Temporary cookie to check if a visitor’s browser supports cookies (set in Internet Explorer only).
1st party
Stored
Temporary cookie that expires almost immediately after being set.

Additional Third-party cookies on ESO websites: some of our pages display content from external providers, e.g. YouTube.

Such third-party services are outside of ESO control and may, at any time, change their terms of service, use of cookies, etc.

YouTube: Some videos on the ESO website are embedded from ESO’s official YouTube channel. We have enabled YouTube’s privacy-enhanced mode, meaning that no cookies are set unless the user actively clicks on the video to play it. Additionally, in this mode, YouTube does not store any personally identifiable cookie data for embedded video playbacks. For more details, please refer to YouTube’s embedding videos information page.

Cookies can also be classified based on the following elements.

Regarding the domain, there are:

  • First-party cookies, set by the website you are currently visiting. They are stored by the same domain that you are browsing and are used to enhance your experience on that site;
  • Third-party cookies, set by a domain other than the one you are currently visiting.

As for their duration, cookies can be:

  • Browser-session cookies, which are deleted when the user closes the browser;
  • Stored cookies, which stay on the user's device for a predetermined period of time.

How to manage cookies

Cookie settings: You can modify your cookie choices for the ESO webpages at any time by clicking on the link Cookie settings at the bottom of any page.

In your browser: If you wish to delete cookies or instruct your browser to delete or block cookies by default, please visit the help pages of your browser:

Please be aware that if you delete or decline cookies, certain functionalities of our website may be not be available and your browsing experience may be affected.

You can set most browsers to prevent any cookies being placed on your device, but you may then have to manually adjust some preferences every time you visit a site/page. And some services and functionalities may not work properly at all (e.g. profile logging-in, shop check out).

Updates to the ESO Cookies Policy

The ESO Cookies Policy may be subject to future updates, which will be made available on this page.

Additional information

For any queries related to cookies, please contact: pdprATesoDOTorg.

As ESO public webpages are managed by our Department of Communication, your questions will be dealt with the support of the said Department.