Pressemitteilung

ESO-Teleskop beobachtet Exoplaneten, auf dem es Eisen regnet

11. März 2020

Forscher, die das Very Large Telescope (VLT) der ESO nutzten, haben einen extremen Planeten beobachtet, auf dem sie Eisenregen vermuten. Der ultraheiße Riesen-Exoplanet hat eine Tagseite, auf der die Temperaturen auf über 2400 Grad Celsius steigen, hoch genug, um Metalle zu verdampfen. Starke Winde tragen den Eisendampf zur kühleren Nachtseite, wo er zu Eisentröpfchen kondensiert.

Man könnte sagen, dass es auf diesem Planeten abends regnersich wird, nur dass es Eisen regnet“, sagt David Ehrenreich, Professor an der Universität Genf in der Schweiz. Er leitete eine Studie über diesen ungewöhnlichen Exoplaneten, die heute in der Zeitschrift Nature veröffentlicht wurde. Er ist als WASP-76b bekannt und befindet sich etwa 640 Lichtjahre entfernt im Sternbild Fische.

Dieses seltsame Phänomen geschieht, weil der Planet mit dem „Eisenregen“ seinem Mutterstern immer nur eine Seite zuwendet, nämlich seine Tagseite, während seine kühlere Nachtseite in ewiger Dunkelheit bleibt. Wie der Mond auf seiner Umlaufbahn um die Erde besitzt auch WASP-76b eine durch Gezeitenkräfte verursachte „gebundene Rotation“: Die Rotation um seine Achse dauert genauso lange wie die Umrundung des Sterns.

Auf seiner Tagseite erhält er von seinem Mutterstern tausendmal mehr Strahlung als die Erde von der Sonne. Es ist so heiß, dass sich die Moleküle in Atome aufspalten und Metalle wie Eisen in die Atmosphäre verdampfen. Der extreme Temperaturunterschied zwischen der Tag- und der Nachtseite führt zu starken Winden, die den Eisendampf von der extrem heißen Tagseite auf die kühlere Nachtseite transportieren, wo die Temperaturen auf etwa 1500 Grad Celsius sinken.

WASP-76b hat nicht nur unterschiedliche Tag-Nacht-Temperaturen, sondern auch eine ausgeprägte Tag-Nacht-Chemie, so die neue Studie. Mit dem neuen Instrument ESPRESSO am VLT der ESO in der chilenischen Atacama-Wüste identifizierten die Astronomen erstmals chemische Veränderungen auf einem extrem heißen Gasriesen-Planeten. Sie entdeckten eine starke Signatur von Eisendampf in der Abendzone, die die Tag- von der Nachtseite des Planeten trennt. „Überraschenderweise sehen wir den Eisendampf jedoch nicht am Morgen“, sagt Ehrenreich. Der Grund dafür sei, so Ehrenreich, dass „es auf der Nachtseite dieses extremen Exoplaneten Eisen regnet“.

Die Beobachtungen zeigen, dass in der Atmosphäre der heißen Tagseite von WASP-76b Eisendampf im Überfluss vorhanden ist“, fügt María Rosa Zapatero Osorio, Astrophysikerin am Zentrum für Astrobiologie in Madrid, Spanien, und Vorsitzende des ESPRESSO-Wissenschaftsteams, hinzu. „Ein Bruchteil dieses Eisens wird aufgrund der Rotation des Planeten und der atmosphärischen Winde in die Nachtseite eingetragen. Dort trifft das Eisen auf viel kühlere Umgebungen, kondensiert und regnet herunter.

Dieses Ergebnis wurde aus den allerersten wissenschaftlichen Beobachtungen gewonnen, die das wissenschaftliche Konsortium, das das Instrument gebaut hat, im September 2018 mit ESPRESSO durchgeführt hat: ein Team aus Portugal, Italien, der Schweiz, Spanien und der ESO.

ESPRESSO - der Echelle SPectrograph for Rocky Exoplanets and Stable Spectroscopic Observations (Echelle-Spektrograf für felsige Exoplaneten und stabile spektroskopische Beobachtungen) - wurde ursprünglich entwickelt, um erdähnliche Planeten um sonnenähnliche Sterne zu suchen. Er hat sich jedoch als wesentlich vielseitiger erwiesen. „Wir erkannten bald, dass die bemerkenswerte Sammelleistung des VLT und die extreme Stabilität von ESPRESSO ihn zu einem erstklassigen Gerät zur Untersuchung von Exoplanetenatmosphären machten“, sagt Pedro Figueira, ESPRESSO-Instrumentenwissenschaftler an der ESO in Chile.

Was wir jetzt erhalten haben, ist eine ganz neue Art, das Klima der extremsten Exoplaneten zu erforschen“, schließt Ehrenreich.

Endnoten

In einer früheren Version dieser Pressemitteilung wurde die Entfernung zu WASP-76b fälschlicherweise mit 390 Lichtjahren beziffert. Aktuellere Daten deuten jedoch darauf hin, dass die Distanz zum Exoplaneten dagegen 640 Lichtjahre beträgt.

Weitere Informationen

Diese Forschung wurde in einem Artikel vorgestellt, der in Nature erscheinen wird.

Das Team besteht aus David Ehrenreich (Observatoire astronomique de l'Université de Genève, Genf, Schweiz [UNIGE]), Christophe Lovis (UNIGE), Romain Allart (UNIGE), María Rosa Zapatero Osorio (Centro de Astrobiología, Madrid, Spanien [CSIC-INTA]), Francesco Pepe (UNIGE), Stefano Cristiani (INAF Osservatorio Astronomico di Trieste, Italien [INAF Trieste]), Rafael Rebolo (Instituto de Astrofísica de Canarias, Teneriffa, Spanien [IAC]), Nuno C. Santos (Instituto de Astrofísica e Ciências do Espaço, Universidade do Porto, Portugal [IA/UPorto] & Departamento de Física e Astronomia, Faculdade de Ciências, Universidade do Porto, Portugal [FCUP]), Francesco Borsa (INAF Osservatorio Astronomico di Brera, Merate, Italien [INAF Brera]), Olivier Demangeon (IA/UPorto), Xavier Dumusque (UNIGE), Jonay I. González Hernández (IAC), Núria Casasayas-Barris (IAC), Damien Ségransan (UNIGE), Sérgio Sousa (IA/UPorto), Manuel Abreu (Instituto de Astrofísica e Ciências do Espaço, Universidade de Lisboa, Portugal [IA/FCUL] & Departamento de Física da Faculdade de Ciências da Universidade de Lisboa, Portugal [FCUL], Vardan Adibekyan [IA/UPorto], Michael Affolter (Physikalisches Institut & Center for Space and Habitability, Universität Bern, Schweiz [Bern]), Carlos Allende Prieto (IAC), Yann Alibert (Bern), Matteo Aliverti (INAF Brera), David Alves (IA/FCUL & FCUL), Manuel Amate (IA/UPorto), Gerardo Avila (Europäische Südsternwarte, Garching bei München, Deutschland [ESO]), Veronica Baldini (INAF Triest), Timothy Bandy (Bern), Willy Benz (Bern), Andrea Bianco (INAF Brera), Émeline Bolmont (UNIGE), François Bouchy (UNIGE), Vincent Bourrier (UNIGE), Christopher Broeg (Bern), Alexandre Cabral (IA/FCUL & FCUL), Giorgio Calderone (INAF Triest), Enric Pallé (IAC), H. M. Cegla (UNIGE), Roberto Cirami (INAF Triest), João M. P., Enric Pallé (IAC), H. Cegla (UNIGE), Roberto Cirami (INAF Triest), João M. P. Coelho (IA/FCUL & FCUL), Paolo Conconi (INAF Brera), Igor Coretti (INAF Triest), Claudio Cumani (ESO), Guido Cupani (INAF Triest), Hans Dekker (ESO), Bernard Delabre (ESO), Sebastian Deiries (ESO), Valentina D'Odorico (INAF Triest & Scuola Normale Superiore, Pisa, Italien), Paolo Di Marcantonio (INAF Triest), Pedro Figueira (Europäische Südsternwarte, Santiago de Chile, Chile [ESO Chile] & IA/UPorto), Ana Fragoso (IAC), Ludovic Genolet (UNIGE), Matteo Genoni (INAF Brera), Ricardo Génova Santos (IAC), Nathan Hara (UNIGE), Ian Hughes (UNIGE), Olaf Iwert (ESO), Florian Kerber (ESO), Jens Knudstrup (ESO), Marco Landoni (INAF Brera), Baptiste Lavie (UNIGE), Jean-Louis Lizon (ESO), Monika Lendl (UNIGE & Space Research Institute, Österreichische Akademie der Wissenschaften, Graz, Österreich), Gaspare Lo Curto (ESO Chile), Charles Maire (UNIGE), Antonio Manescau (ESO), C. J. A. P. Martins (IA/UPorto & Centro de Astrofísica da Universidade do Porto, Portugal), Denis Mégevand (UNIGE), Andrea Mehner (ESO Chile), Giusi Micela (INAF Osservatorio Astronomico di Palermo, Italien), Andrea Modigliani (ESO), Paolo Molaro (INAF Triest & Institute for Fundamental Physics of the Universe, Triest, Italien), Manuel Monteiro (IA/UPorto), Mario Monteiro (IA/UPorto & FCUP), Manuele Moschetti (INAF Brera), Eric Müller (ESO), Nelson Nunes (IA), Luca Oggioni (INAF Brera), António Oliveira (IA/FCUL & FCUL), Giorgio Pariani (INAF Brera), Luca Pasquini (ESO), Ennio Poretti (INAF Brera & Fundación Galileo Galilei, INAF, Breña Baja, Spanien), José Luis Rasilla (IAC), Edoardo Redaelli (INAF Brera), Marco Riva (INAF Brera), Samuel Santana Tschudi (ESO Chile), Paolo Santin (INAF Triest), Pedro Santos (IA/FCUL & FCUL), Alex Segovia Milla (UNIGE), Julia V. Seidel (UNIGE), Danuta Sosnowska (UNIGE), Alessandro Sozzetti (INAF Osservatorio Astrofisico di Torino, Pino Torinese, Italien), Paolo Spanò (INAF Brera), Alejandro Suárez Mascareño (IAC), Hugo Tabernero (CSIC-INTA & IA/UPorto), Fabio Tenegi (IAC), Stéphane Udry (UNIGE), Alessio Zanutta (INAF Brera), Filippo Zerbi (INAF Brera).

Die Europäische Südsternwarte (engl. European Southern Observatory, kurz ESO) ist die führende europäische Organisation für astronomische Forschung und das wissenschaftlich produktivste Observatorium der Welt. Die Organisation hat 16 Mitgliedsländer: Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Irland, Italien, die Niederlande, Österreich, Polen, Portugal, Spanien, Schweden, die Schweiz und die Tschechische Republik. Hinzu kommen das Gastland Chile und Australien als strategischer Partner. Die ESO führt ein ehrgeiziges Programm durch, das sich auf die Planung, den Bau und den Betrieb leistungsfähiger bodengebundener Beobachtungseinrichtungen konzentriert, die es Astronomen ermöglichen, wichtige wissenschaftliche Entdeckungen zu machen. Auch bei der Förderung internationaler Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Astronomie spielt die Organisation eine maßgebliche Rolle. Die ESO verfügt über drei weltweit einzigartige Beobachtungsstandorte in Chile: La Silla, Paranal und Chajnantor. Auf dem Paranal betreibt die ESO das Very Large Telescope (VLT) und das weltweit führende Very Large Telescope Interferometer sowie zwei Durchmusterungsteleskope: VISTA im Infrarotbereich und das VLT Survey Telescope (VST) für sichtbares Licht. Am Paranal wird die ESO zukünftig außerdem das Cherenkov Telescope Array South beherbergen und betreiben, das größte und empfindlichste Gammastrahlenobservatorium der Welt. Die ESO ist zusätzlich einer der Hauptpartner bei zwei Projekten auf Chajnantor, APEX und ALMA, dem größten astronomischen Projekt überhaupt. Auf dem Cerro Armazones unweit des Paranal errichtet die ESO zur Zeit das Extremely Large Telescope (ELT) mit 39 Metern Durchmesser, das einmal das größte optische Teleskop der Welt werden wird.

Die Übersetzungen von englischsprachigen ESO-Pressemitteilungen sind ein Service des ESO Science Outreach Network (ESON), eines internationalen Netzwerks für astronomische Öffentlichkeitsarbeit, in dem Wissenschaftler und Wissenschaftskommunikatoren aus allen ESO-Mitgliedsländern (und einigen weiteren Staaten) vertreten sind. Deutscher Knoten des Netzwerks ist das Haus der Astronomie in Heidelberg.

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Kontaktinformationen

David Ehrenreich
Associate Professor at the University of Geneva
Geneva, Switzerland
Tel: +41 22 379 23 90
E-Mail: david.ehrenreich@unige.ch

Francesco Pepe
Professor at the University of Geneva and Principal Investigator of the ESPRESSO consortium
Geneva, Switzerland
Tel: +41 22 379 23 96
E-Mail: francesco.pepe@unige.ch

María Rosa Zapatero Osorio
Chair of the ESPRESSO science team at Centro de Astrobiología (CSIC-INTA)
Madrid, Spain
Tel: +34 9 15 20 64 27
E-Mail: mosorio@cab.inta-csic.es

Pedro Figueira
Astronomer at ESO and Instituto de Astrofísica e Ciências do Espaço, instrument scientist of ESPRESSO
Santiago, Chile
Tel: +56 2 2463 3074
E-Mail: pedro.figueira@eso.org

Nuno C. Santos
Co-principal investigator of the ESPRESSO consortium at Instituto de Astrofísica e Ciências do Espaço, Universidade do Porto and Departamento de Física e Astronomia Faculdade de Ciências, Universidade do Porto
Porto, Portugal
Tel: +351 226 089 893
E-Mail: nuno.santos@astro.up.pt

Stefano Cristiani
Co-principal investigator of the ESPRESSO consortium at INAF Astronomical Observatory of Trieste
Trieste, Italy
Tel: +39 040 3199220
E-Mail: stefano.cristiani@inaf.it

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Dies ist eine Übersetzung der ESO-Pressemitteilung eso2005.

Über die Pressemitteilung

Pressemitteilung Nr.:eso2005de-at
Name:WASP-76b
Typ:Milky Way : Star : Circumstellar Material : Planetary System
Facility:Very Large Telescope
Instruments:ESPRESSO
Science data:2020Natur.580..597E

Bilder

Künstlerische Darstellung der Nachtseite von WASP-76b
Künstlerische Darstellung der Nachtseite von WASP-76b
Eine weitere künstlerische Darstellung von WASP-76b
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ESOcast 218: The Stranger Exoplanets
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Ein Flug zu WASP-76b, dem Stern, der von WASP-76b umkreist wird
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EIn Blick auf die Bahn von WASP-76b um seinen Mutterstern WASP-76
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