Pressemitteilung
Ein neu entstandener Planet formt Staub in seiner Umgebung
21. Juli 2025
Astronominnen und Astronomen haben womöglich einen Planeten während seiner Entstehung beobachtet, der ein kompliziertes Muster in das Gas und den Staub um seinen jungen Mutterstern zeichnet. Mit dem Very Large Telescope (VLT) der Europäischen Südsternwarte (ESO) wurden eine protoplanetare Scheibe mit markanten Spiralarmen sowie deutliche Anzeichen für einen Planeten in ihrem Inneren beobachtet. Dies ist das erste Mal, dass ein Planetenkandidat innerhalb einer Spiralscheibe entdeckt wurde.
„Wir werden niemals die Entstehung der Erde miterleben, aber hier, um einen jungen Stern in 440 Lichtjahren Entfernung, können wir möglicherweise in Echtzeit die Entstehung eines Planeten beobachten“, sagt Francesco Maio, Doktorand an der Universität Florenz in Italien und Hauptautor dieser Studie, die heute in Astronomy & Astrophysics veröffentlicht wurde.
Der mutmaßlich entstehende Planet wurde um den Stern HD 135344B in einer ihn umgebenden Scheibe aus Gas und Staub, einer sogenannten protoplanetaren Scheibe, entdeckt. Der heranwachsende Planet ist schätzungsweise doppelt so groß wie Jupiter und von seinem Mutterstern so weit entfernt wie Neptun von der Sonne. Es wurde beobachtet, wie er seine Umgebung innerhalb der protoplanetaren Scheibe formt, während er zu einem voll ausgebildeten Planeten heranwächst.
Protoplanetare Scheiben wurden bereits um andere junge Sterne beobachtet und weisen oft komplexe Strukturen wie Ringe, Lücken oder Spiralen auf. Astronominnen und Astronomen gehen seit Langem davon aus, dass diese Strukturen von jungen Planeten verursacht werden, die auf ihrer Umlaufbahn um ihren Mutterstern Material aufwirbeln. Bislang war es jedoch nicht gelungen, einen dieser planetarischen Bildhauer bei der Arbeit zu beobachten.
Im Fall der Scheibe von HD 135344B waren zuvor von einem anderen Astronomenteam mithilfe von SPHERE (Spectro-Polarimetric High-contrast Exoplanet REsearch), einem Instrument am VLT der ESO, wirbelnde Spiralarme entdeckt worden. Allerdings fanden keine der bisherigen Beobachtungen dieses Systems Hinweise auf einen Planeten, der sich innerhalb der Scheibe bildet.
Mit den Beobachtungen des neuen Instruments Enhanced Resolution Imager and Spectrograph (ERIS) des VLT vermuten die Forschenden nun, ihren Hauptverdächtigen gefunden zu haben. Das Team entdeckte den Planetenkandidaten direkt an der Basis eines der Spiralarme der Scheibe. Genau an dieser Stelle hatten die theoretischen Berechnungen den Planeten vermutet, der für die Entstehung dieses Musters verantwortlich sein könnte.
„Was diese Entdeckung zu einem möglichen Wendepunkt macht, ist, dass wir im Gegensatz zu vielen früheren Beobachtungen das Signal des Protoplaneten, der noch tief in der Scheibe eingebettet ist, direkt nachweisen können“, sagt Maio, der an der Astrophysikalischen Sternwarte Arcetri, einem Zentrum des italienischen Nationalen Instituts für Astrophysik (INAF), tätig ist. „Dadurch sind wir viel zuversichtlicher, dass der Planet tatsächlich existiert, da wir sein eigenes Licht beobachten können.“
Ein Begleiter für einen Stern ist geboren
Ein anderes Astronomenteam hat kürzlich ebenfalls mit dem ERIS-Instrument einen anderen Stern beobachtet, V960 Mon, der sich noch in einem sehr frühen Stadium seiner Existenz befindet. In einer am 18. Juli in The Astrophysical Journal Letters veröffentlichten Studie berichtet das Team, dass es ein Begleitobjekt zu diesem jungen Stern gefunden hat. Die genaue Natur dieses Objekts bleibt jedoch ein Rätsel.
Die neue Studie unter der Leitung von Anuroop Dasgupta, Doktorand bei der ESO und an der Diego Portales Universität in Chile, knüpft an Beobachtungen von V960 Mon an, die vor einigen Jahren durchgeführt wurden. Diese Beobachtungen, die sowohl mit SPHERE als auch mit dem Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA) durchgeführt wurden, zeigten, dass das Material, das V960 Mon umkreist, zu einer Reihe von komplizierten Spiralarmen geformt ist. Sie offenbaren auch, dass das Material in einem als „gravitative Instabilität“ bekannten Prozess fragmentiert, bei dem sich große Klumpen des Materials um einen Stern zusammenziehen und kollabieren, wobei jeder einzelne das Potenzial hat, einen Planeten oder ein größeres Objekt zu bilden.
„Diese Arbeit hat instabiles Material aufgezeigt, aber die Frage offen gelassen, was als Nächstes passiert. Mit ERIS haben wir uns auf die Suche nach kompakten, leuchtenden Fragmenten gemacht, die auf die Anwesenheit eines Begleiters in der Scheibe hindeuten – und wir wurden fündig“, sagt Dasgupta. Das Team fand ein potenzielles Begleitobjekt ganz in der Nähe eines der mit SPHERE und ALMA beobachteten Spiralarme. Das Team sagt, dass es sich bei diesem Objekt entweder um einen Planeten in der Entstehung oder um einen „Braunen Zwerg“ handeln könnte – ein Objekt, das größer als ein Planet ist, aber nicht genug Masse gewonnen hat, um als Stern zu leuchten.
Wenn sich dies bestätigt, könnte dieses Begleitobjekt die erste eindeutige Entdeckung eines Planeten oder Braunen Zwergs sein, der durch gravitative Instabilität entsteht.
Weitere Informationen
Die im ersten Teil dieser Pressemitteilung vorgestellten Forschungsergebnisse wurden in dem Artikel „Unveiling a protoplanet candidate embedded in the HD 135344B disk with VLT/ERIS” veröffentlicht, der in Astronomy & Astrophysics (doi: 10.1051/0004-6361/202554472) erscheinen wird. Der zweite Teil der Pressemitteilung befasst sich mit der Studie „VLT/ERIS observations of the V960 Mon system: a dust-embedded substellar object formed by gravitational instability?”, die in The Astrophysical Journal Letters (doi: 10.3847/2041-8213/ade996) veröffentlicht wurde.
Das Team, das die erste Studie (zu HD 135344B) durchgeführt hat, besteht aus F. Maio (Universität Florenz, Italien, und INAF-Osservatorio Astrofisico Arcetri, Florenz, Italien [OAA]), D. Fedele (OAA), V. Roccatagliata (Universität Bologna, Italien [UBologna] und OAA), S. Facchini (Universität Mailand, Italien [UNIMI]), G. Lodato (UNIMI), S. Desidera (INAF-Osservatorio Astronomico di Padova, Italien [OAP]), A. Garufi (INAF - Istituto di Radioastronomia, Bologna, Italien [INAP-Bologna] und Max-Planck-Institut für Astronomie, Heidelberg, Deutschland [MPA]), D. Mesa (OAP), A. Ruzza (UNIMI), C. Toci (Europäische Südsternwarte [ESO], Garching bei München, Deutschland, und OAA), L. Testi (OAA und UBologna), A. Zurlo (Diego Portales University [UDP], Santiago, Chile, und Millennium Nucleus on Young Exoplanets and their Moons [YEMS], Santiago, Chile) und G. Rosotti (UNIMI).
Das Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA) ist eine internationale astronomische Einrichtung, die gemeinsam von der ESO, der US-amerikanischen National Science Foundation (NSF) der USA und den japanischen National Institutes of Natural Sciences (NINS) in Kooperation mit der Republik Chile betrieben wird. Getragen wird ALMA von der ESO im Namen ihrer Mitgliedsländer, von der NSF in Zusammenarbeit mit dem kanadischen National Research Council (NRC), dem National Science and Technology Council (NSTC) in Taiwan und NINS in Kooperation mit der Academia Sinica (AS) in Taiwan sowie dem Korea Astronomy and Space Science Institute (KASI). Bei Entwicklung, Aufbau und Betrieb ist die ESO federführend für den europäischen Beitrag, das National Radio Astronomy Observatory (NRAO), das seinerseits von Associated Universities, Inc. (AUI) betrieben wird, für den nordamerikanischen Beitrag und das National Astronomical Observatory of Japan (NAOJ) für den ostasiatischen Beitrag. Dem Joint ALMA Observatory (JAO) obliegt die übergreifende Projektleitung für den Aufbau, die Inbetriebnahme und den Beobachtungsbetrieb von ALMA.
Die Europäische Südsternwarte (ESO) befähigt Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler weltweit, die Geheimnisse des Universums zum Nutzen aller zu entdecken. Wir entwerfen, bauen und betreiben Observatorien von Weltrang, die Astronominnen und Astronomen nutzen, um spannende Fragen zu beantworten und die Faszination der Astronomie zu wecken, und wir fördern die internationale Zusammenarbeit in der Astronomie. Die ESO wurde 1962 als zwischenstaatliche Organisation gegründet und wird heute von 16 Mitgliedstaaten (Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Finnland, Irland, Italien, den Niederlanden, Österreich, Polen, Portugal, Schweden, der Schweiz, Spanien, der Tschechischen Republik und dem Vereinigten Königreich) sowie dem Gastland Chile und Australien als strategischem Partner unterstützt. Der Hauptsitz der ESO und ihr Besucherzentrum und Planetarium, die ESO Supernova, befinden sich in der Nähe von München in Deutschland, während die chilenische Atacama-Wüste, ein wunderbarer Ort mit einzigartigen Bedingungen für die Himmelsbeobachtung, unsere Teleskope beherbergt. Die ESO betreibt drei Beobachtungsstandorte: La Silla, Paranal und Chajnantor. Am Standort Paranal betreibt die ESO das Very Large Telescope und das dazugehörige Very Large Telescope Interferometer sowie Durchmusterungsteleskope wie z. B. VISTA. Ebenfalls am Paranal wird die ESO das Cherenkov Telescope Array South betreiben, das größte und empfindlichste Gammastrahlen-Observatorium der Welt. Zusammen mit internationalen Partnern betreibt die ESO auf Chajnantor APEX und ALMA, zwei Einrichtungen zur Beobachtung des Himmels im Millimeter- und Submillimeterbereich. Auf dem Cerro Armazones in der Nähe von Paranal bauen wir „das größte Auge der Welt am Himmel“ – das Extremely Large Telescope der ESO. Von unseren Büros in Santiago, Chile, aus unterstützen wir unsere Aktivitäten im Land und arbeiten mit chilenischen Partnern und der Gesellschaft zusammen.
Die Übersetzungen von englischsprachigen ESO-Pressemitteilungen sind ein Service des ESO Science Outreach Network (ESON), eines internationalen Netzwerks für astronomische Öffentlichkeitsarbeit, in dem Wissenschaftler und Wissenschaftskommunikatoren aus allen ESO-Mitgliedsländern (und einigen weiteren Staaten) vertreten sind. Deutscher Knoten des Netzwerks ist das Haus der Astronomie in Heidelberg.
Links
- Fachartikel (Maio et al., zu HD 135344B)
- Fachartikel (Dasgupta et al., zu V960 Mon)
- Fotos von ALMA
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- Neue ESO-Analyse bestätigt schwere Beeinträchtigungen durch geplanten Industriekomplex in der Nähe des Paranal
Kontaktinformationen
Francesco Maio (for questions on the HD 135344B study)
INAF Osservatorio Astrofisico di Arcetri
Florence, Italy
E-Mail: francesco.maio@inaf.it
Davide Fedele (for questions on the HD 135344B study)
INAF Osservatorio Astrofisico di Arcetri
Florence, Italy
Tel: (+39) 055-2752-242
E-Mail: davide.fedele@inaf.it
Anuroop Dasgupta (for questions on the V960 Mon study)
European Southern Observatory
Santiago, Chile
E-Mail: Anuroop.Dasgupta@eso.org
Bárbara Ferreira
ESO Media Manager
Garching bei München, Germany
Tel: +49 89 3200 6670
Mobil: +49 151 241 664 00
E-Mail: press@eso.org
Peter Habison (Pressekontakt Österreich)
ESO Science Outreach Network
und stem & mint e.U. – Space and Science Communications
Vienna, Austria
Tel: +43 676 648 7003
E-Mail: eson-austria@eso.org
Über die Pressemitteilung
Pressemitteilung Nr.: | eso2513de-at |
Name: | HD135344B, V960 Mon |
Typ: | Milky Way : Star : Circumstellar Material : Disk : Protoplanetary |
Facility: | Very Large Telescope |
Instruments: | ERIS |
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