Pressemitteilung
„Kosmisches Duell“: Astronomen beobachten zwei Galaxien im Wettstreit
21. Mai 2025
Astronomen haben zum ersten Mal eine heftige kosmische Kollision beobachtet, bei der eine Galaxie eine andere mit intensiver Strahlung durchdringt. Die heute in Nature veröffentlichten Ergebnisse zeigen, dass diese Strahlung die Fähigkeit der betroffenen Galaxie zur Bildung neuer Sterne beeinträchtigt. Die neue Studie kombiniert Beobachtungen des Very Large Telescope (VLT) der Europäischen Südsternwarte (ESO) und des Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA) und enthüllt alle Details dieser galaktischen Auseinandersetzung.
In den fernen Tiefen des Universums begegnen sich zwei Galaxien in einem spannenden Wettstreit. Immer wieder rasen sie mit einer Geschwindigkeit von 500 km/s aufeinander zu, nur um sich während eines Vorbeiflugs zu touchieren, bevor sie sich zurückziehen und zu einer neuen Runde ansetzen. „Wir bezeichnen dieses System daher als »kosmisches Duell«“, sagt Pasquier Noterdaeme, Co-Autor der Studie und Forscher am Institut d'Astrophysique de Paris in Frankreich und am französisch-chilenischen Labor für Astronomie in Chile, und sieht in dem Vorgang eine Analogie mit einem mittelalterlichen Ritterturnier. Allerdings sind diese galaktischen Ritter nicht besonders edelmütig, zumal einer von ihnen einen unfairen Vorteil hat: Er nutzt einen Quasar, um seinen Gegner mit einer Lanze aus Radiowellen zu treffen.
Quasare sind die hellen Kerne einiger weit entfernter Galaxien, die von supermassereichen Schwarzen Löchern angetrieben werden und enorme Mengen an Strahlung abgeben. Sowohl Quasare als auch Galaxienverschmelzungen traten früher viel häufiger auf, insbesondere in den ersten Milliarden Jahren des Universums. Um sie zu beobachten, blicken Astronomen mit leistungsstarken Teleskopen in die ferne Vergangenheit. Das Licht dieses „kosmischen Kräftemessens“ hat über 11 Milliarden Jahre gebraucht, um uns zu erreichen. Daher beobachten wir es so, wie es aussah, als das Universum nur 18 % seines heutigen Alters hatte.
„Hier sehen wir zum ersten Mal die Auswirkungen der Strahlung eines Quasars direkt auf die innere Struktur des Gases in einer ansonsten normalen Galaxie“, erklärt Sergei Balashev, Co-Leiter der Studie und Forscher am Ioffe-Institut in St. Petersburg, Russland. Die neuen Beobachtungen deuten darauf hin, dass die vom Quasar abgegebene Strahlung die Gas- und Staubwolken in der normalen Galaxie zerstört und nur die kleinsten, dichtesten Regionen zurücklässt. Diese Regionen sind wahrscheinlich zu klein, um Sternentstehung zu ermöglichen, sodass die geschädigte Galaxie während ihrer dramatischen Wandlung weniger Sternentstehungsgebiete hat.
Aber nicht nur diese getroffene Galaxie verändert sich. Balashev erklärt: „Man nimmt an, dass diese Verschmelzungen riesige Mengen an Gas zu den supermassereichen Schwarzen Löchern in den Galaxienzentren transportieren.“ In diesem kosmischen Duell gelangen neue Energiereserven in die Reichweite des Schwarzen Lochs, das den Quasar antreibt. Während das Schwarze Loch wächst, kann der Quasar seine schädigende Kraft weiter entfalten.
Diese Studie wurde mit ALMA und dem X-shooter-Instrument am VLT der ESO durchgeführt, die beide in der Atacama-Wüste in Chile stehen. Dank der hohen Auflösung von ALMA konnten die Astronomen die beiden verschmelzenden Galaxien klar unterscheiden, die so nah beieinander liegen, dass sie bei früheren Beobachtungen wie ein einziges Objekt aussahen. Mit X-shooter analysierten die Forscher das Licht des Quasars, als es die normale Galaxie durchquerte. So konnte das Team untersuchen, wie diese Galaxie in diesem kosmischen Wettstreit unter der Strahlung des Quasars in Mitleidenschaft gezogen wurde.
Beobachtungen mit größeren, leistungsstärkeren Teleskopen könnten weitere Erkenntnisse über solche Kollisionen liefern. Wie Noterdaeme sagt, wird ein Teleskop wie das Extremely Large Telescope der ESO „uns sicherlich ermöglichen, diese und andere Systeme genauer zu untersuchen, um die Entwicklung von Quasaren und ihre Auswirkungen auf ihre Wirtsgalaxien und benachbarte Galaxien besser zu verstehen.“
Weitere Informationen
Diese Forschungsergebnisse wurden in einem Artikel mit dem Titel „Quasar radiation transforms the gas in a merging companion galaxy“ (Quasarstrahlung transformiert das Gas in einer verschmelzenden Begleitgalaxie) in der Fachzeitschrift Nature veröffentlicht (doi: 10.1038/s41586-025-08966-4).
Das Team besteht aus S. Balashev (Ioffe-Institut, St. Petersburg, Russland), P. Noterdaeme (Institut d'Astrophysique de Paris, Paris, Frankreich [IAP] & Französisch-Chilenisches Labor für Astronomie [FCLA], Chile), N. Gupta (Interuniversitäres Zentrum für Astronomie, Pune, Indien [IUCAA]), J.K. Krogager (Universität Lyon I, Lyon, Frankreich & FCLA), F. Combes (Collège de France, Paris, Frankreich), S. López (Universität Chile [UChile]), P. Petitjean (IAP), A. Omont (IAP), R. Srianand (IUCAA) und R. Cuellar (UChile).
Das Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA) ist eine internationale astronomische Einrichtung, die gemeinsam von der ESO, der US-amerikanischen National Science Foundation (NSF) der USA und den japanischen National Institutes of Natural Sciences (NINS) in Kooperation mit der Republik Chile betrieben wird. Getragen wird ALMA von der ESO im Namen ihrer Mitgliedsländer, von der NSF in Zusammenarbeit mit dem kanadischen National Research Council (NRC), dem National Science and Technology Council (NSTC) in Taiwan und NINS in Kooperation mit der Academia Sinica (AS) in Taiwan sowie dem Korea Astronomy and Space Science Institute (KASI). Bei Entwicklung, Aufbau und Betrieb ist die ESO federführend für den europäischen Beitrag, das National Radio Astronomy Observatory (NRAO), das seinerseits von Associated Universities, Inc. (AUI) betrieben wird, für den nordamerikanischen Beitrag und das National Astronomical Observatory of Japan (NAOJ) für den ostasiatischen Beitrag. Dem Joint ALMA Observatory (JAO) obliegt die übergreifende Projektleitung für den Aufbau, die Inbetriebnahme und den Beobachtungsbetrieb von ALMA.
Die Europäische Südsternwarte (ESO) befähigt Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler weltweit, die Geheimnisse des Universums zum Nutzen aller zu entdecken. Wir entwerfen, bauen und betreiben Observatorien von Weltrang, die Astronominnen und Astronomen nutzen, um spannende Fragen zu beantworten und die Faszination der Astronomie zu wecken, und wir fördern die internationale Zusammenarbeit in der Astronomie. Die ESO wurde 1962 als zwischenstaatliche Organisation gegründet und wird heute von 16 Mitgliedstaaten (Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Finnland, Irland, Italien, den Niederlanden, Österreich, Polen, Portugal, Schweden, der Schweiz, Spanien, der Tschechischen Republik und dem Vereinigten Königreich) sowie dem Gastland Chile und Australien als strategischem Partner unterstützt. Der Hauptsitz der ESO und ihr Besucherzentrum und Planetarium, die ESO Supernova, befinden sich in der Nähe von München in Deutschland, während die chilenische Atacama-Wüste, ein wunderbarer Ort mit einzigartigen Bedingungen für die Himmelsbeobachtung, unsere Teleskope beherbergt. Die ESO betreibt drei Beobachtungsstandorte: La Silla, Paranal und Chajnantor. Am Standort Paranal betreibt die ESO das Very Large Telescope und das dazugehörige Very Large Telescope Interferometer sowie Durchmusterungsteleskope wie z. B. VISTA. Ebenfalls am Paranal wird die ESO das Cherenkov Telescope Array South betreiben, das größte und empfindlichste Gammastrahlen-Observatorium der Welt. Zusammen mit internationalen Partnern betreibt die ESO auf Chajnantor APEX und ALMA, zwei Einrichtungen zur Beobachtung des Himmels im Millimeter- und Submillimeterbereich. Auf dem Cerro Armazones in der Nähe von Paranal bauen wir „das größte Auge der Welt am Himmel“ – das Extremely Large Telescope der ESO. Von unseren Büros in Santiago, Chile, aus unterstützen wir unsere Aktivitäten im Land und arbeiten mit chilenischen Partnern und der Gesellschaft zusammen.
Die Übersetzungen von englischsprachigen ESO-Pressemitteilungen sind ein Service des ESO Science Outreach Network (ESON), eines internationalen Netzwerks für astronomische Öffentlichkeitsarbeit, in dem Wissenschaftler und Wissenschaftskommunikatoren aus allen ESO-Mitgliedsländern (und einigen weiteren Staaten) vertreten sind. Deutscher Knoten des Netzwerks ist das Haus der Astronomie in Heidelberg.
Links
- Forschungsartikel
- Fotos vom VLT
- Fotos von ALMA
- Erfahren Sie mehr über das Extremely Large Telescope der ESO auf unserer eigens eingerichteten Internetseite und in unserer Pressemappe.
- Für die Medien: Abonnieren Sie unsere Pressemitteilungen unter Sperrfrist in Ihrer Sprache und bewerben Sie sich für die Teilnahme am (teilfinanzierten) strategischen Medienbesuch der ESO im Jahr 2025 (NEU)
- Für Wissenschaftler*innen: Erzählen Sie uns Ihre Geschichte zu Ihren Forschungsergebnissen!
- Neue ESO-Analyse bestätigt schwere Beeinträchtigungen durch geplanten Industriekomplex in der Nähe des Paranal
Kontaktinformationen
Pasquier Noterdaeme
Institut d'Astrophysique de Paris
Paris, France
Tel: +33 1 44 32 81 65
E-Mail: noterdaeme@iap.fr
Sergei Balashev
Ioffe Institute
St Petersburg, Russia
Tel: +7 921 970 2553
E-Mail: s.balashev@gmail.com
Bárbara Ferreira
ESO Media Manager
Garching bei München, Germany
Tel: +49 89 3200 6670
Mobil: +49 151 241 664 00
E-Mail: press@eso.org
Peter Habison (Pressekontakt Österreich)
ESO Science Outreach Network
und stem & mint e.U. – Space and Science Communications
Vienna, Austria
Tel: +43 676 648 7003
E-Mail: eson-austria@eso.org
Über die Pressemitteilung
Pressemitteilung Nr.: | eso2509de-at |
Our use of Cookies
We use cookies that are essential for accessing our websites and using our services. We also use cookies to analyse, measure and improve our websites’ performance, to enable content sharing via social media and to display media content hosted on third-party platforms.
ESO Cookies Policy
The European Organisation for Astronomical Research in the Southern Hemisphere (ESO) is the pre-eminent intergovernmental science and technology organisation in astronomy. It carries out an ambitious programme focused on the design, construction and operation of powerful ground-based observing facilities for astronomy.
This Cookies Policy is intended to provide clarity by outlining the cookies used on the ESO public websites, their functions, the options you have for controlling them, and the ways you can contact us for additional details.
What are cookies?
Cookies are small pieces of data stored on your device by websites you visit. They serve various purposes, such as remembering login credentials and preferences and enhance your browsing experience.
Categories of cookies we use
Essential cookies (always active): These cookies are strictly necessary for the proper functioning of our website. Without these cookies, the website cannot operate correctly, and certain services, such as logging in or accessing secure areas, may not be available; because they are essential for the website’s operation, they cannot be disabled.
Functional Cookies: These cookies enhance your browsing experience by enabling additional features and personalization, such as remembering your preferences and settings. While not strictly necessary for the website to function, they improve usability and convenience; these cookies are only placed if you provide your consent.
Analytics cookies: These cookies collect information about how visitors interact with our website, such as which pages are visited most often and how users navigate the site. This data helps us improve website performance, optimize content, and enhance the user experience; these cookies are only placed if you provide your consent. We use the following analytics cookies.
Matomo Cookies:
This website uses Matomo (formerly Piwik), an open source software which enables the statistical analysis of website visits. Matomo uses cookies (text files) which are saved on your computer and which allow us to analyze how you use our website. The website user information generated by the cookies will only be saved on the servers of our IT Department. We use this information to analyze www.eso.org visits and to prepare reports on website activities. These data will not be disclosed to third parties.
On behalf of ESO, Matomo will use this information for the purpose of evaluating your use of the website, compiling reports on website activity and providing other services relating to website activity and internet usage.
Matomo cookies settings:
Additional Third-party cookies on ESO websites: some of our pages display content from external providers, e.g. YouTube.
Such third-party services are outside of ESO control and may, at any time, change their terms of service, use of cookies, etc.
YouTube: Some videos on the ESO website are embedded from ESO’s official YouTube channel. We have enabled YouTube’s privacy-enhanced mode, meaning that no cookies are set unless the user actively clicks on the video to play it. Additionally, in this mode, YouTube does not store any personally identifiable cookie data for embedded video playbacks. For more details, please refer to YouTube’s embedding videos information page.
Cookies can also be classified based on the following elements.
Regarding the domain, there are:
- First-party cookies, set by the website you are currently visiting. They are stored by the same domain that you are browsing and are used to enhance your experience on that site;
- Third-party cookies, set by a domain other than the one you are currently visiting.
As for their duration, cookies can be:
- Browser-session cookies, which are deleted when the user closes the browser;
- Stored cookies, which stay on the user's device for a predetermined period of time.
How to manage cookies
Cookie settings: You can modify your cookie choices for the ESO webpages at any time by clicking on the link Cookie settings at the bottom of any page.
In your browser: If you wish to delete cookies or instruct your browser to delete or block cookies by default, please visit the help pages of your browser:
Please be aware that if you delete or decline cookies, certain functionalities of our website may be not be available and your browsing experience may be affected.
You can set most browsers to prevent any cookies being placed on your device, but you may then have to manually adjust some preferences every time you visit a site/page. And some services and functionalities may not work properly at all (e.g. profile logging-in, shop check out).
Updates to the ESO Cookies Policy
The ESO Cookies Policy may be subject to future updates, which will be made available on this page.
Additional information
For any queries related to cookies, please contact: pdprATesoDOTorg.
As ESO public webpages are managed by our Department of Communication, your questions will be dealt with the support of the said Department.